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Mittwoch, 20. Juni 2012

Beratungsresistenz - Herr Doktor, ist das tötlich?

Menschen bezeichnen mich seit neuestem als beratungsresistent. Das ist tatsächlich neu.
Gut. Ich war schon immer ein Mensch, der sich nicht all zu leicht missionieren lässt. Ich gebe meine Überzeugungen nicht leichtfertig auf und stehe zu meinen Standpunkten, wenn ich von ihnen überzeugt bin. Ich will nicht zwanghaft im Recht sein, kann schon mal nachgeben. Habe zwar zugegebener Maßen ein leichtes Problem mit Kritik und Autorität, aber beides habe ich schon gut in den Griff bekommen.
Alles in allem ist mir die Sache ziemlich schleierhaft.  Beratungsresistent , hm...

Beispiel:

Ich zeige Person A einen Kurzfilm. (z.B.: "The Beauty of Things", mein neuester Kurzfilm. Falls ihr noch nicht gevotet habt, tut dies bitte - sehr verbunden! Klick!)

Person A sagt (Zitat): "Respekt! [...] Schöne Kamera und so. Die Geschichte finde ich zulange. Schneids nochmal und mach es halb so lang."
Daraufhin ich (Person B steckt im Stau...): "Freut mich, dass er dir gefällt! Ich finde die Länge passt, [...]"

Hm. Seine Rückmeldung und Prognose: Beratungsresistenz. Der Patient hat voraussichtlich noch zehn Jahre zu leben. Danach wird es besser. I bet.

Challenge accepted!

Ich versteh das nicht. Wenn ich meinen Standpunkt, bzw. meine Meinung, mit fundierter Argumentation begründe, bin ich dann automatisch beratungsresistent ? Ist das ein Synonym? Hab ich die neue Rechtschreibreform verschlafen? Kann man denn nicht mal mehr seine Meinung sagen ohne gleich als beratungsresistent zu gelten? Kann man dem nur entgegen steuern indem man jedes Wort eines älteren (und womöglich erfahrenen) Menschen als Gottweisheit, als ultimative Wahrheit, in sich aufnimmt?

Das ist wahrscheinlich zu extrem. Es scheint als wäre ich auf einem Auge blöd, denn ich finde den Mittelweg nicht. Ich gebe nunmal gerne Kontra.

Nur um das klar zu stellen... Ich finde Resonanz wertvoll! Bekomme gerne Kritik! (Wieso Person A denn nicht?) Ich höre sie mir an, denke darüber nach, wiege ab und manchmal (oft / so ziemlich immer) sag ich dann auch meine Meinung zu dem Thema.
Seit neuestem brauche ich schon fast gar nicht mehr den Mund aufzumachen und werde schon als beratungsresistent abgestempelt. Praktisch. Spart Zeit!

Was heißt das eigentlich? Beratungsresistent? Resistent gegen Beratung. Hm. Beratung setzt ja schon etwas voraus und zwar dass Person A z.B. Person B (Ha! Endlich angekommen!) berät.

Wer berät mich?
Mein Arzt tut das.

Das geht nur, weil zwischen mir und meinem Arzt im Bezug auf Medizin eine Informationsasymmetrie herrscht. Er kann meine Symptome interpretieren, kennt sich mit dem menschlichen Körper aus,- grob runtergebrochen: Er hat Medizin studiert und ich nicht. Also kann er mich beraten. Kann mir sagen, welche Medikamente ich nehmen soll (Bin ich "beratungsresistent", wenn ich generell keine Medikamente mag?).
Also steht der Arzt in diesem Fall über mir. Er weiß mehr über Medizin als ich. Deswegen kann er mich beraten und ich ihn nicht. Simpel und einfach.
Worauf ich hinaus will ist, dass sich jemand, der mich beratungsresistent nennt, offensichtlich eine Position über mir einräumt. Er nimmt an (ob begründet oder nicht), dass er über mir steht.
Würde er nicht über mir stehen, könnte er mich ja nicht beraten. Dann würde er erkennen, dass beide von uns lediglich ihre Meinung(en) haben und aussprechen können und dass diese Meinung(en) absolut gleichwertig sind, obgleich Person A vielleicht 20 oder 30 Jahre mehr Lebenserfahrung hat als Person B ("Person A" hätte besser zu mir gepasst, so ein Mist...)

Ich glaube die Ursache ist eine andere und außerdem glaube ich, dass beratungsresistent das falsche Adjektiv ist. Ich glaube die Ursache hat etwas mit Respekt zu tun.
Ich glaube Person A fühlt sich von Person B, also von mir, einfach nicht respektiert. Ja, Person A ist geradezu gekränkt, dass ich seine Lebenserfahrung nicht in dem Maße anerkenne, wie Person A das vielleicht gern hätte. Person A ist enttäuscht, dass ich dessen Meinung nicht hoch preise. Dass ich nicht große Stücke davon halte. Ich höre sie mir an, wiege ab und geb dann meinen Senf dazu. So läuft das nunmal.
Ich liebe einen schönen Meinungsaustausch und kann so einem auch viel abgewinnen. Aber oft habe ich das Gefühl, dass andere Menschen (z.B. Person A) nicht so gut damit umgehen können. Für die ist ihre Meinung so sehr zur Wahrheit geworden (vielleicht aufgrund ihrer "Lebenserfahrung"?), dass sie mich als beratungsresistent bezeichnen, wenn ich sie nicht auch als Wahrheit erkenne...

Ehrlich? Da ziehe ich es vor   beratungsresistent zu bleiben... Person A hat Meinungen und Standpunkte wie jeder andere Mensch auch. Ich zum Beispiel. Ich bin zwar noch jung, aber das ändert an dieser Tatsache nicht das Geringste.

Fazit: Beratungsresistent kann mich nur nennen, wer sich über mich stellt. Und wer sich über mich stellt, ist bei mir sowieso unten durch...

Peace!

1 Kommentar:

  1. Hi,
    du sprichst mir echt aus der Seele.Zu mir hat man das auch mal gesagt und ich wusste echt nicht was ich darauf sagen sollte- so she r war ich schockiert darüber, da ich ebenso offen für andere Meinungen bin. Es ist schon phänomenal welche Wirkung alleine die Aussprache dieses Wortes auf jemanden hat. Denn man fühlt sich wie dumm und ich denke auch wie du, dass diese Leute (insbesondere Vorgesetzte und andere Autoritäten)sich über einen stehen wollen egal ob sie Ahnung haben oder nicht. Ganz nach dem Motto "ich Chef du nichts".

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